von Margret Markert, Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg
Die Industrialisierung - ein Riesengeschäft in WilhelmsburgAls Wilhelmburg noch die größte preußische Landgemeinde darstellte, war Hamburg schon auf dem Weg zum Welthafen. Strategisch günstig, in direkter Hafennähe an der Elbe gelegen, geriet Wilhelmsburg in Bewegung. Der erste Spatenstich zur Industrieregion war der Bau der Hamburger Wollkämmerei, die schon 1890 etwa 1.000 Beschäftigte hatte. Fast die Hälfte davon waren Frauen, viele von ihnen eingewandert aus den verarmten Ostprovinzen Westpreußen und Posen des deutschen Reiches. Das Gelände für die riesige Fabrik stellte ein Bauer von Reiherstieg zur Verfügung. Warum verkaufte Johann Busch sein Land an das Leipziger Wollkämmerei-Consortium? Hatte er keine Erben?

Fährstraße/Ecke Veringstraße

Wilhelmsburger Real- und höhere Mädchenschule
Hatte er Schulden? Bot man ihm einen fabelhaften Preis?... 1890 traten die Gebrüder Vering, Ingenieure und Bauinvestoren aus Hannover, auf den Plan. Sie ließen 250 ha Wilhelmsburger Land sturmflut- sicher aufhöhen, Ackerland zu Wasserstraße ausbauen, und auf Wiesen Brücken und Straßen errichten. Das erschlossene Bauland sollte später an Industriebetriebe weiterverkauft werden. Beim Entwurf für den Bebauungsplan ließ der Gemeinderat den Herren Vering 1890 freie Hand. Fast einvernehmlich wurde der Plan verabschiedet. Nur einer erhob

Alte Elbbrücke über Süderelbe
Einspruch: Warum verweigerte Gemeinderatsmitglied Hinrich Kohrs seine Unterschrift unter den Bebauungsplan für Wilhelmsburg? Wollte er sich nicht "kaufen" lassen? War sein Besitz von den neuen Planungen betroffen? Verteidigte er die Landgemeinde gegen den Ausverkauf an die Industrie? Auch diese Fragen bleiben zwar unbeantwortet doch regen sie zum Weiterdenken an. Für den Bebauungsplan beschrieb der Landvermesser L. Friedrichs aus altona (Altona) Wilhelmsburgs Zukunft im Zeichen des industriellen Aufruchs (Aufbruchs): "Durch verschiedene Ankäufe sind in der Gemarkung Wilhlmsburg (Wilhelmsburg) ca. 150 ha in Spekulationshände übergegangen. Der Kaufpreis der Grundstücke ist innerhalb eines halben Jahres von 8.000 Mark pro Hektar auf 18.000 Mark gestiegen und dürfte noch lange nicht die Grenzen erreicht haben. Zufolge der selben Preise, welche in Hamburg und Altona für den Baugrund gezahlt werden, dürfte die Zeit nicht mehr fern sein, wo ein großer Teil der Industrien, die in Hamburg und Altona keinen Raum zur Ausdehnung mehr finden, nach Wilhelmsburg übersiedeln. Da nun die Industrie auch andere Geschäfte nach sich zieht, so werden in Wilhelmsburg nicht allein Fabrikviertel mit Arbeitsbevölkerung, sonder auch Wohnviertel besser situierter Bewohner entstehen."