von Ursula Falke

Herzog Georg Wilhelm erbte im Alter von 17 Jahren die Fürstentümer Hannover, Calenberg und Göttingen. Er war, so steht es in den Geschichtsbüchern, der "zügellosen Vergnügungssucht ergeben und überließ lieber seinen Ministern die Regierungs- geschäfte". Auch die Verlobung mit der Fürsten- tochter Sophie von der Pfalz konnte ihn nicht von seinen Reisen, vor allem nach Italien, und rauschenden Festen abhalten. Weil er seiner Verlobten nicht mehr unter die Augen treten mochte, bat er seinen Bruder Ernst August, sie an seiner statt zu heiraten, und erklärte sich dafür bereit, den Söhnen aus dieser Ehe die Thronfolge zu überlassen. Fünf Jahre danach lernte Georg Wilhelm am Hofe des Landgrafen von Hessen die Hofdame Eleonore Desmier d´Olbreuse kennen. Von ihrem "angenehmen Wesen" war er so sehr beeindruckt, dass er immer mit ihr zusammenleben wollte. Seine Stellung als regierender Fürst ließ aber nur eine morganatische Verbindung (mittelhochdeutsch: Ehe auf bloße Morgengabe) zu, sie konnte ihm nur "zur linken Hand" angetraut werden. In einem von Georg Wilhelm und Eleonore, seinem Bruder Ernst August und Sophie von der Pfalz unterschreibenen "Vertrag über eine Gewissensehe" versprach er ihr, sie niemals zu verlassen und immer für sie zu sorgen. Sie erhielt den Titel "Madam d´Harbourg". Zur gleichen Zeit erhielt Georg Wilhelm das Fürstentum Lüneburg und ließ in der Hauptstadt Celle das Schloß als Wohnsitz herrichten. Am 15. September 1666 wurde ihr einziges Kind Sophie Dorothea geboren. Sie war "lebhaft und von großem Reiz". Um einen Besitz für sie zu schaffen, kaufte Herzog Georg Wilhelm 1672 von dem Adelsgeschlecht der Groten die zwischen Hamburg und Harburg gelegenen Inseln, vereinigte sie mit denen, die er bereits dort besaß und nannte dieses Gebiet "Herrschaft Wilhelmsburg". Durch die wichtige Stellung, die Georg Wilhelm im Reich einnahm, und wegen der tatkräftigen Hilfe, die er Kaiser Leopold V. in Wien im Feldzug gegen Frankreich leistete, erreichte er nun eine Rangerhöhung seiner Frau und seiner Tochter, die am 22. Juli 1674 in Wien beurkundet wurde. Eleonore wurde Gräfin von Harburg, womit auch eine offizielle Trauung mit Herzog Georg Wilhelm möglich wurde, und Sophie-Dorothea wurde Gräfin von Wilhelmsburg. Noch als Sophie Dorothea ein Kind war, versuchten die Eltern, einen geeigneten Mann für sie zu finden. Sie war eine reiche, kluge und schöne Erbin, für die es viele Bewerber gab. Die Ehe, die sie dann 16jährig mit ihrem Vetter Georg Ludwig am 2. Dezember 1682 eingehen mußte, war keine Liebesheirat, sondern ein Zusammenschluß zweier unerfahrener Menschen aus dynastischen Gründen der Eltern. Georg Ludwig war 22 Jahre alt, verschlossen und unzugänglich. Der Vater Georg Wilhelm und sein Bruder Ernst August haben mit dieser Ehe die Fürstentümer Hannover und Lüneburg verbunden. Als Sophie Dorothea mit 17 Jahren einen Sohn und mit 21 Jahren eine Tochter bekam, war die Hoffnung, die mit dieser Ehe verbunden war, erfüllt: Die Thronfolge war gesichert.